FuW Finanz und Wirtschaft: Interview mit Wirz & Partners, Financial Services, Banking
Die Schweizer Finanzbranche steht 2025/26 vor einem Wendepunkt. Die Nachwirkungen der Credit Suisse-Krise, zunehmender regulatorischer Druck, ESG-Vorgaben und digitale Disruption verändern die Anforderungen an Führungskräfte grundlegend. Verwaltungsrats- und C-Level-Positionen sind heute strategische Schlüsselrollen, mehr denn je – ihre Besetzung entscheidet über Vertrauen, Zukunftsfähigkeit und Marktpositionierung.
Was braucht es für eine erfolgreiche Besetzung?
Erfolg beginnt mit einem marktkonformen Kompetenzprofil. Gefragt sind Persönlichkeiten mit fundierter Führungserfahrung im Finanzdienstleistungssektor. Neben fachlicher Exzellenz zählen strategischer Weitblick, digitale Transformationskompetenz und regulatorisches Know-how. Die Fähigkeit, umfassend und komplexe Veränderungen, ohne Kollateralschaden zu gestalten, wird zur Kernkompetenz. Führungskräfte müssen heute Analyst, Kommunikator und Change-Leader in Personalunion sein.
In der Besetzung von VR- und ExCo-Positionen braucht es jedoch mehr als nur interne Einschätzungen. Es braucht eine ungefärbte Aussensicht – denn nur der Markt ist der Benchmark für zukünftige Wettbewerbsfähigkeit. Interne Politik und gewachsene Strukturen trüben oft den Blick fürs Wesentliche. Eine externe Perspektive hilft, die strategische Relevanz einer Besetzung richtig zu gewichten.
Welche branchenspezifischen Eigenheiten gelten?
Die Schweizer Finanzbranche ist hochreguliert, reputationssensibel und technologisch im Umbruch. Regulatorische Anforderungen – etwa durch FINMA, Basel III/IV oder ESG-Vorgaben – prägen das Profil. Führungskräfte müssen Governance als aktive Aufgabe verstehen und über tiefgreifende Kenntnisse in Compliance, Risikomanagement und strategischer Steuerung verfügen.
Branchenspezifisch stehen reputationsrelevante Aspekte besonders im Vordergrund – sowohl auf Ebene des beruflichen Werdegangs als auch auf Ebene der Person als Privatmensch. Diskretion, Integrität und ein belastbares Netzwerk sind essenziell. Auch ESG-Kompetenz wird zunehmend vorausgesetzt, etwa in der Vermögensberatung oder im Produktdesign.
Wie lässt sich der „Fit“ eines Kandidaten erkennen?
Neben objektiven Kriterien wie Erfahrung und Fachwissen entscheidet in der Praxis oft die kulturelle Passung über den Erfolg einer Besetzung. Als „Fit“ gilt die Übereinstimmung von Werten, Führungsstil und Unternehmens-DNA. Besonders in einem von Wandel geprägten Umfeld achten Unternehmen mehr denn je auf den Cultural Fit, um teure Fehlbesetzungen zu vermeiden.
Oft wünscht der Aktionär / VR oder das ExCo starke Veränderung – nicht immer im Bewustsein, was dies in letzter Konsequenz für die Organisation bedeutet. Hier gilt es, die richtige Mischung zu finden. Nur wenn die Person die organisatorische Maturität erkennen und richtig einschätzen kann, gelingt eine nachhaltige Besetzung. Der Fit zeigt sich nicht nur in der Vision, sondern auch in der Fähigkeit, diese wirksam und anschlussfähig umzusetzen.
Welche strategische Rolle spielt die Wahl eines Kandidaten?
Jede Besetzung ist ein strategisches Statement – sie beeinflusst die Unternehmenskultur, die regulatorische Beziehung und die Marktposition. Die richtige Führungspersönlichkeit kann Innovationen vorantreiben, Vertrauen stärken und neue Wachstumspfade erschliessen.
Umgekehrt kann eine Fehlbesetzung Millionen kosten – durch verlorene Zeit, Demotivation und Reputationsrisiken.
Finanz- Unternehmen definieren heute klare Anforderungsprofile entlang ihrer Zukunftsstrategie und legen höchsten Wert auf kulturelle Passung. Die Besetzung eines VR-Mandats mit einer FinTech-Expertin oder eines CEO-Postens mit ESG-Erfahrung sendet klare Signale – intern wie extern.
Fazit: Die Karrierechancen in der Schweizer Finanzbranche sind vielfältig – aber anspruchsvoll. Wer heute eine Spitzenposition anstrebt, muss mehr mitbringen als Erfahrung: Strategische Denkkraft, digitale Kompetenz, Werteorientierung und kulturelle Anschlussfähigkeit sind die neuen Erfolgsfaktoren. Und: Nur wer die Organisation richtig lesen kann, wird sie auch erfolgreich führen.