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Persönlich, Chief Marketing- und Sales Officers: Neue Profile braucht dieses Land

Interview: Reto Wilhelm, Managing Owner Panta Rhei PR AG Bild und Grafik: zVg

Die KI lässt grüssen: In den Top Level-Positionen wie Chief Marketing und Commercial Officers findet momentan eine massive Verschiebung statt, weil die guten alten Rezepte ausgedient haben. Der führende Executive Search-Fachmann Erik Wirz vom gleichnamigen Unternehmen Wirz & Partners aus Zug prophezeit dieser Spezies ein hartes 2023 & danach. Vor allem moniert er, dass viele Marketing- und Vertriebsorganisationen noch weit weg sind von einem agilen Set-up. Zu oft wird in Silos agiert, nicht interagiert und schon gar nicht grundlegend transformiert.

 

Herr Wirz, spreche ich eigentlich mit Ihnen oder mit Ihrem Avatar?

Gute Frage. Aktuell bin ich es noch persönlich, der antwortet. Was nicht ausschliesst, dass wir solche Gespräche künftig mittels KI auch führen könnten.

 

Womit wir beim Thema sind: Sie sprachen andernorts von einer tektonischen Veränderung in den Sales & Marketing-Abteilungen von Grossunternehmen, welche diese Welt im Zuge von KI grundlegend auf den Kopf stellen werde. Was tut sich denn in erfolgreichen Unternehmen aktuell?

Wir beobachten einen kontinuierlichen Abbau von Silos zwischen Sales, Marketing, Aftersales sowie Field Services und allen relevanten Kundendatenquellen in einem Unternehmen. Erfolgreiche Firmen schaffen sich damit die Basis, Entscheidungen fundiert und datenbasiert treffen zu können – während die althergebrachten in ihrem Kästchen-Denken verharren und nicht erkennen, was ihre Kunden und Kundinnen wirklich bewegt. Deren Zug fährt ab – und zwar schneller, als sie denken.

 

Verändert sich dadurch auch das Anforderungsprofil im Vertrieb und Marketing auf Top Executive-Ebene?

Ja und nein. Gutes Marketing war schon immer zielgruppenrelevant und hat die entsprechenden Bedürfnisse und Sorgen, Probleme oder Wünsche der Entscheiderinnen und Entscheider in allen Facetten treffend adressiert. Daran ändert sich nichts. Auch Influencerinnen und Influencer sind nichts Neues. Man denke nur an die Tupperware-Partys oder Diogenes, Kleopatra – alles Influencer oder besser gesagt: Trendsetter und Idole. An diesen Disziplinen ändert sich also nichts. Hingegen eröffnet das automatisierte «Account Based Marketing» in Kombination mit Social Selling für viele Unternehmen einen kosteneffizienten Weg, ihre Zielgruppen datengetrieben und hochpersonalisiert zu erreichen. Eine andere Dimension tut sich hier auf.

 

Wenn Unternehmen heute neu rekrutieren – wie gehen sie da am besten vor?

Für Vertrieb wie auch Marketing beobachten wir momentan grundsätzlich zwei Ansätze. Ansatz eins bedeutet: Die neu rekrutierten Führungspersonen kommen aus der jeweiligen Industrie und arbeiten in einem Unternehmen, welches einen höheren Reifegrad in punkto «Target Operating Model» mitbringt. Ansatz zwei bedeutet: Die Profile der Kandidatinnen und Kandidaten stammen aus einer Industrie, die in Bezug auf Sales & Marketing deutlich weiter ist als die eigene Industrie. Dadurch wird gleichzeitig ein Effizienzsprung und oft auch eine Margenoptimierung angestrebt.

 

Sie sagten kürzlich andernorts: Viele Branchen haben jahrzehntelang nie wirklich verkauft. Wie ist das zu verstehen?

Das tönt absurd, ist aber so. Die Nachfrage war immer grösser als die Verfügbarkeit der Dienstleistungen oder Produkte. Das hat dazu geführt, dass viele Vertriebsorganisationen zu Logistikorganisationen «degeneriert» sind. Das heisst auch: Die Services oder Produkte wurden an die Kundinnen und Kunden verteilt, den klassischen Vertrieb in Kombination mit Marketing gab es in vielen Industrien nicht – und es gab auch keinen Wettbewerb.

 

Eigentlich ein toller Zustand. Warum braucht es dann Sales & Marketing und weshalb verändern sich die Anforderungsprofile auf C-Level so rasant?

Weil diese Unternehmen im internationalen Wettbewerb heute nur noch dann eine Top-Marge erzielen können, wenn alle Elemente von Sales & Marketing «State of the Art» sind. Hinzu kommen steigende Rohstoffpreise sowie eine schlechte oder knappe Verfügbarkeit von Near- und Off-Shore-Ressourcen. Verbunden mit steigenden Energiekosten führt dies zu einer Margenerosion auf breiter Basis. Um den verschärften Rahmenbedingungen entgegenzuwirken, bedarf es einem idealen Zusammenspiel zwischen Strategie, Marketing, Sales und der Nutzung der verfügbaren Technologien.

 

Deshalb drängen kluge Verwaltungsräte auf einen Paradigmenwechsel in Sales & Marketing?

Genau. Statt neuer Kampagnen oder unkoordiniertem Aktionismus, wie bisher erfolgt jetzt ein Shiftwechsel, zumindest in vorausschauenden Unternehmen. Marketing & Vertrieb sind nämlich massiv gefordert, Kosten zu senken, gleichzeitig margenstärkere Produkte zu verkaufen und den Vertriebsprozess effizienter zu gestalten. Dies erfordert eine entsprechende Datenbasis. Und nicht nur dies: auch die Qualität der Daten muss gut sein, die Governance im Umgang mit Daten muss ebenfalls wasserdicht sein. Ebenso braucht es Spezialistinnen und Spezialisten, welche diese Daten angemessen auszuwerten wissen, stets abgestimmt auf die Datenregulierungen in den jeweiligen Ländern.

 

Welche Erfahrungen muss ein CSO oder CMO künftig unbedingt mitbringen?

Bei beiden Profilen stellen wir fest, dass das Verständnis und die Erfahrung für Change Management von fundamentaler Bedeutung sind. Das Wissen, die Datenerhebung sowie die Kundenbeziehungen und die Branchenexpertise sind bei den Firmen in den meisten Fällen vorhanden. Die Interpretation der Daten erfolgt oft noch unstrukturiert oder zu wenig qualitativ geordnet. Nunmehr geht es also es darum, die Organisationen erfolgreich zu transformieren.

 

Gar nicht so einfach, dieser Task. Kann das ein herkömmlich ausgebildeter Sales- oder Marketing-Experte einfach so?

Sie sprechen die Krux an. Wir stellen oft fest: Bei den zuständigen Instanzen, die diese Schlüsselpositionen rekrutieren, wird das Verständnis für die jeweilige Industrie, für die aktuellen Methoden, Best Practices und Technologien, Tools sowie Applikationen im Sales & Marketing einfach vorausgesetzt. Nur bezieht sich dieses Können und Wissen meistens auf die herkömmliche Sales- und Marketing-Welt 1.0.

 

Sprich: Man rekrutiert am Potential respektive dem «State of the Art» vorbei?

Genau. Wenn wir von der Einführung einer Marketing-Automation-Lösung sprechen, ist neues Wissen, gepaart mit einem starken Grundwissen aus früheren Zeiten, unabdingbar. Und das ist nicht per se gegeben ist. Dieses Thema wird in den Rekrutierungsprozessen entweder vergessen oder nicht genügend adressiert.

 

Was heisst dies konkret?

Wie in allen Organisationseinheiten ist der grosse Wandel jener, den es in den Köpfen der Menschen in Bewegung zu setzen gilt. Erfolgreiche Vertriebs- und Marketingleiterinnen und -leiter müssen also konkrete Erfolge bei der Transformation von Organisationen vorweisen können. Sprich: Es braucht diese Meta-Skills zusätzlich. Da geht es um Fragen der Kultur, des Prozessmanagements, aber auch stark um menschliche Fähigkeiten wie Empathie, Konsistenz im Auftreten und die Bereitschaft, rasch aus Fehlern zu lernen.

 

Abgesehen von diesen grundlegenden neuen Talenten, was ist in der Regel die grösste Baustelle für einen neuen CSO oder CMS beim Start im Unternehmen?

In den wenigsten Unternehmen wurden in den letzten Jahren in Sales und Marketing strukturiert Daten erhoben, gesammelt und systematisch erfasst. Das heisst: Diese Datenbasis muss oft erst geschaffen werden. Denn KI kann ohne Daten nicht funktionieren. Sales & Marketing Executives müssen also in der Lage sein, sich schnell relevante Daten im Unternehmen zu beschaffen. Aufgabe Nummer 1 ist immer: die Basis zu schaffen, Daten an den relevanten Stellen in den Wertschöpfungsketten zu erheben und dann natürlich für den Vertrieb und das Marketing sofort nutzbar zu machen.

 

Ketzerische Frage zum Schluss: Gelingt den Schweizer Unternehmen, die Sie kennen, dieser Shiftwandel?

Klar. Wir haben ganz viele smarte Leute am Werk. Wenngleich es auch hier – wie in allen Disziplinen – zu einer erheblichen Flurbereinigung kommt. Im Management genauso wie in den Verwaltungsräten, notabene…

 

Über Wirz & Partners

 

Erik Wirz

Erik Wirz, CEO Wirz & Partners.

Als eine der führenden Executive Search Firmen unterstützt Wirz & Partners Firmen bei der Suche nach Managementpersönlichkeiten und Verwaltungsräten. Spezialisiert hat sich die Firma mit Sitz in Zug auf die Medtech- und Pharmabranche sowie auf die Maschinenbau, Technologie- und IT-Branche.

Auch im Jahr 2023 wurde sie von der Handelszeitung wiederum unter die besten Executive Search Firmen der Schweiz gewählt. www.wirz-partners.ch

 

 

 

 

CMO- oder CSO-Profile

 

Diese CMO- oder CSO-Profile sind am meisten gefragt: In CMO-Profilen ist ein zunehmender Fokus auf folgende Fähigkeiten & Erfahrungen erkennbar:

  • Branding
  • SEO, SEA
  • Marketing Automation, Social Selling
  • Datengetriebenes Account Based Marketing (ABM)
  • Datenqualität, Governance, Analytics
  • KI-Unterstützung in den Bereichen SEO, Content Generierung, Analytics, Marktforschung

 

Bei CSO-Profilen stehen aktuell folgende Themen im Fokus:

  • Senkung der Cost of Sales
  • Segmentierung der Zielmärkte
  • Datengetriebene Vertriebsanalyse
  • Optimierung bei Bestandskundinnen und -kunden
  • Reduktion der Direktvertriebsaktivitäten auf wenige Top Accounts

 

 

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